Wie erleben Angehörige psychiatrisch erkrankter Menschen ihre Rolle im Betreuungsprozess?

Artikel vom Oktober 2022

Besart Destani
Lehrperson Bildungsgang Pflege HF

Hintergrund

Psychische Erkrankungen sind nicht nur für die Betroffenen selbst eine grosse Belastung, sie fordern auch ihre Familienmitglieder sehr heraus. Die Rolle der Angehörigen in der Psychiatrie hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Zunehmend wird seitens der Ärzte, Therapeut*innen und des Pflegepersonals versucht, Angehörige als gleichberechtigte Partner in die Therapie miteinzubeziehen und sie zu unterstützen.

Ziel

Das Ziel dieser Masterthesis ist, das Erleben ihrer Rolle als Angehörige im Betreuungsprozess psychisch erkrankter Menschen während des stationären psychiatrischen Aufenthalts in der Deutschschweiz zu erheben. Die Forschungsfrage lautet: «Wie haben die Angehörigen psychisch erkrankter Menschen den Einbezug in das Behandlungsprozedere während der stationären psychiatrischen Behandlung erlebt?»

Methode

Es wurden neun leitfadengestützte, problemzentrierte Einzelinterviews durchgeführt.  Alle Teilnehmenden waren Personen, die einen näheren Angehörigen (Partner oder Partnerin, Frau, Mann, Sohn oder Tochter) aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung in stationärer Behandlung in der Psychiatrie Baselland begleiteten. Die Interviewten (7 Frauen, 2 Männer) waren 20 bis 80 Jahre alt.  

Die Datenauswertung erfolgte anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) im Rahmen eines interpretativ-reduktiven Auswertungsverfahrens. Für die Transkription der Interviews wurden die Transkriptionsregeln nach Kuckartz (2019), als Analysetechnik die «strukturierende-deduktive Inhaltsanalyse» nach Mayring (2015) angewandt. Die Transkription wie auch die Datenauswertung wurden mit der MAXQDA-Software durchgeführt.  

Ergebnisse

Die Ergebnisse wurden in vier Kategorien eingeteilt: Erfahrungen/Erlebnisse bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Behandlungsteam, Verstehbarkeit, Gefühl von Bedeutsamkeit/Sinnhaftigkeit und Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit. Sieben Teilnehmende gaben an, grundsätzlich mit dem Behandlungsteam zufrieden gewesen zu sein. Während der Interviews kamen zunehmend kritische Äusserungen, Unzufriedenheiten und Fragen auf, die einen konkreten Einblick in die Erfahrungen und Erlebnisse der Teilnehmenden ermöglichten. Am meisten wurde der Wunsch nach mehr Einbezug während der stationären Behandlung geäussert (n=6). Damit waren häufigere Kontaktaufnahme des Behandlungspersonals, mehr Auskunft über den Allgemeinzustand, Teilnahme an der Therapie und mehr Einbezug im Austrittsprozedere gemeint. Am zweithäufigsten bestand der Wunsch nach mehr Informationen (n=5). Hier wurden Informationen zum Krankheitsbild, zum Umgang mit der Patientin oder dem Patienten, Prognose, Medikation, Unterstützungsangeboten und anderem geäussert.  

Schlussfolgerung

Ein einheitliches, psychiatrieübergreifendes Konzept zur trialogischen Zusammenarbeit ist notwendig und wird als Ergebnis dieser Masterthesis empfohlen.  

Schlüsselwörter

Angehörige, psychisch Erkrankte, Erfahrungen, Erlebnisse, stationär 

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